Naturschutzgebiet Haardtrand – In der Rüstergewann

ArtenFinder Exkursion in das Naturschutzgebiet Haardtrand – In der Rüstergewann

Ein Exkursionsbericht von Mia Behrensmeyer.

Am 14.08.2020 unternahm das ArtenFinder Team (Hendrik Geyer & FÖJlerin Mia Behrensmeyer) eine Exkursion in das Naturschutzgebiet Haardtrand – In der Rüstergewann. Das Naturschutzgebiet beherbergt vielseitige Biotope, wodurch eine große Artenvielfalt entstanden ist. Hier trafen wir Dr. Michael Ochse, Präsident der POLLICHIA und Schmetterlings-Experte im ArtenFinder.  

Michael Ochse erzählte uns auf dem Weg durch das Naturschutzgebiet, dass hier Böden aus Kalkstein und sandige Böden direkt nebeneinanderliegen. Dies fördert die Vielfalt, da Pflanzen mit unterschiedlichen Standortansprüchen, wie zum Beispiel der Feld-Beifuß (Artemisia campestris), der Dost (Origanum vulgare) oder die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissas) hier auf engem Raum nebeneinander vorkommen. Die Pflanzenvielfalt dient wiederum unterschiedlichen Tierarten als Nahrungsgrundlage, als Unterschlupf oder zur Eiablage. Die vielfältigen Bewirtschaftungsweisen des Gebietes durch extensive Mahd, Weinbau oder Beweidung fördern ebenfalls die Artenvielfalt. Michael Ochse zeigt uns als Beispiel die bereits genannte Zypressen-Wolfsmilch, die sich durch die Beweidung der Grünflächen ausbreiten kann, da sie für die Tiere ungenießbar ist und daher nicht gefressen wird. Ohne die Beweidung würde die Zypressen-Wolfsmilch von anderen Arten verdrängt werden. Außerdem fanden wir viele offene, sandige Stellen, insbesondere auf den Wegen im Haardtrand. Ähnliche Stellen werden in den Wiesen hauptsächlich durch Hasen verursacht.  Diese Stellen haben einen wichtigen Nutzen, insbesondere als Eiablagestelle für Insekten. Genauso wichtig wie die offenen Bodenstellen im Grünland ist stehendes Totholz, das nicht beseitigt wird. Es sind sozusagen die Insektenhotels der Natur.

Der vorherrschende Lebensraumtyp im Haardtrand ist der Kalktrockenrasen, weiterhin wird viel Weinbau betrieben. Der Kalktrockenrasen zählt in Rheinland-Pfalz zu den artenreichsten und bedeutendsten Lebensräumen. In diesem Rasen sind zum Beispiel die, vor ein paar Jahren noch sehr seltene, blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) und die Wespenspinne (Argiope bruennichi) zu Hause. Die warmen Sommer, der letzten Jahre kommen diesen Arten zugute, sodass wir sie bei unserer Exkursion häufig zu sehen bekommen. Um Populationsschwankungen der letzten Jahre bei diesen Arten nachverfolgen zu können ist der ArtenFinder eine große Hilfe. Durch die Meldungen können Verbreitungskarten erstellt werden und somit auch die Dichte der Arten erfasst werden. So können Tendenzen erkennbar werden, die etwas über die mögliche Gefährdung einer Art aussagen.
Tatsächlich sind diese Offenlandflächen viel artenreicher als das verbuschte Grünland. Dies zeigt auch, wie wichtig es ist, Naturschutzgebiete zu pflegen und darauf zu achten, dass bestimmte Habitate erhalten bleiben. Würde man die Flächen im Haardtrand nicht pflegen wären die Kalktrockenrasen Gebiete genau wie die sandigen Stellen innerhalb weniger Jahre überwuchert und verschwunden.

Damit das Naturschutzgebiet erhalten bleiben kann ist die Kommunikation mit den Anwohnern sehr wichtig, da durch Unwissenheit manche Entscheidung getroffen wird, die zwar praktisch für den Menschen ist aber für die Umwelt fatale Folgen hat. Eine solches Beispiel wäre zum Beispiel die Anlage von Schotterwegen, die die natürlichen Dynamiken der offenen Bodenstellen unterbinden würden.

Eine Besonderheit des letzten Jahres war, dass von Mai bis August das Braunkehlchen im Haardtrand - In der Rüstergewann, brütete. Die Art benötigt als Bodenbrüter Sitzwarten in der Nähe des Nestes und abschirmende Pflanzen über dem Nest. Zudem ist eine vielfältige Krautschicht mit einem reichen Nahrungsangebot an Insekten vor allem für die Jungenaufzucht erforderlich. Bedingt durch die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft wurden großflächige extensiv genutzte Bereiche immer seltener. Das Braunkehlchen als besonders sensible Art musste drastische Bestandsrückgänge hinnehmen und gilt heute als stark bedroht. Hundebesitzer gehen in diesem Gebiet oft spazieren. Das stört das Braunkehlchen beim Brüten, also ist auch hier Kommunikation sehr wichtig, damit die Spazierenden wissen worauf sie achten müssen.

Michael Ochse legt sehr viel Wert darauf mit den Anwohnern und Spaziergängern zu sprechen, um ihnen die Situation klar zu machen und auch um ihre Meinungen einzuholen, wie sie bestimmte Maßnahmen finden würden: beispielsweise das temporäre Absperren des Weges, der durch das Brutgebiet des Braunkehlchens führt. Durch ein freundliches Gespräch kann Michael Ochse oft Konflikte vermeiden, die viel Zeit und Energie kosten würden.

 

Quellen:

www.natura2000.rlp.de

www.bs-aachen.de

www.museumsgesellschaft-bad-duerkheim.de

Fotos: Hendrik Geyer